IGEL

 

In letzter Zeit erhalten wir häufig Anrufe von Findern und Igelfreunden, die den kleinen, stacheligen Gesellen helfen möchten.
Was genau man tun kann oder sollte. Worauf zu achten ist bei der Ersten Hilfe und welche Vorkehrungen getroffen werden sollten, um den eigenen Garten igelfreundlichzu gestalten. Dies haben wir hier zusammengetragen. Zu jedem Bild steht Wissenswertes rund um die Igelhilfe. Wichtig ist noch zu erwähnen, dass die Gewichts- und Zeitangaben immer etwas variieren können. Je nachdem, ob der Winter früh einbricht, oder noch im November milde Temperaturen herschen. Im Zweifelsfall am besten einen "Igel-Fachmann" konsultieren. Äußeres Erscheinungsbild und Gewicht sind immer wichtige Kritierien.

Anmerken möchten wir, Wildtierpflege ist letztlich Aufgabe von Fachleuten. Sowohl was das Wissen angeht, als auch aus rechtlicher Sicht. Viele Igel sterben, weil den Findern die Sachkenntnis fehlt. Auch wenn der gute Wille und Einsatz lobenswert ist, so kann man doch viel falsch machen. Das bedeutet oft den Tod der Tiere.

Ist man ernsthaft darum bemüht, einem Tier helfen zu wollen und stimmen die örtlichen Gegebenheiten usw., kann man Rücksprache mit einer Wildtierstation halten und sich persönlich, oder mit telefonischer Betreuung z. B. als "Igelpate" zur Verfügung stellen. Viele Igelhilfen (aber auch wir) suchen im Frühjahr gute Auswilderungsgrundstücke für Igel. 
Wir hoffen, dieser Beitrag hilft , den zukünftigen Igelfindern und den Igeln.


Möchte Mensch seinen Garten igelfreundlich gestalten, so kann er die Stacheltiere schon mit einfachen Dingen glücklich machen. Einiges gibt es dabei aber zu berücksichtigen.

Als erstes sollte man Kellerschächte und Gruben abdecken, sowie Garagen, Schuppen und Gartenhäuschen immer mal wieder auf Igel durchsuchen. Gerne verstecken sich die Tiere nach ihrer nächtlichen Wanderung darin. Wenn dann die Türe geschlossen wird und tagelang nicht wieder geöffnet, droht der Igel zu verhungern oder verdursten.
Im Gartenzaun sollten Schlupflöcher vorhanden sein, damit die Igel ungehindert wandern können.
Bitte KEINE elektrischen Gartengeräte verwenden. 
Die Verletzungen die Rasentrimmer und Co bei Igel verursachen sind grauenvoll. Wenn nicht tödlich, dann extrem schmerzhaft und mit einem langen Leidensweg verbunden.


..... besonders in der warmen Jahreszeit muss den Tieren immer eine Trinkmöglichkeit angeboten werden .....

 

Bitte auf den Einsatz von Giften und Pestiziden verzichten. Ansonsten wird den Igeln die Nahrung genommen und durch die Aufnahme der verbliebenen, vergifteten Nahrung, nehmen sie die Gifte selber auch auf. 

 

 

 

Beim Umsetzen des Komposthaufens bitte vorsichtig mit der Schaufel und anderem Werkzeug hantieren. Nicht nur Igel nutzen ihn als Versteck. Auch Tiere wie u.a.Schleichen oder Eidechsen leben darin.

 

 

Reisig lässt sich wunderbar zu einem Haufen auftürmen und wird, wie man auf dem Foto sieht, gerne als Unterschlupf genommen.

 

 

Auch altes Holz lässt sich gut stapeln und zu einem winterschlaftauglichen Quartier umbauen.

Ein Laubhaufen ist schnell gemacht und für Igel ebenfalls ein perfekter Unterschlupf.
Lebt ein Igel als Winterschlafgast im Garten, kann man in der Nähe seines Quartiers ein katzen-, ratten- und wettergeschütztes Futterhaus aufstellen und dort Trockenfutter und Wasser anbieten. Gibt es im Winter zwischendurch eine milde Phase und der Igel wird wach, kann er sich an dem Futter stärken und anschließend weiterschlafen. Die Futterhäuser gibt es fertig zu kaufen. Im Internet werden auch Anleitungen zum Eigenbau angeboten.

Sollte man im Garten eine Igelmutter mit Nachwuchs entdecken, bitte auf keinen Fall stören! Natürlich sind die Kleinen niedlich und gerade Kinder möchten die Babies gerne sehen, aber Igelmütter reagieren bei Störungen mitunter sehr empfindlich und verlassen unter Umständen dann das Nest und ihre Kinder. Das bedeutet für die Kleinen meist das Todesurteil. Auch Wildtierpfleger haben bei der sehr schwierigen Aufzucht von Neugeborenen kaum eine Chance zu helfen, da die so wichtige Biestmilch (Erstmilch der Igelmutter) fehlt.

Ab September, wenn die Igelmütter Nachwuchs haben und viel Nahrung benötigen, können die Igel durch Zufütterung unterstützt werden. Je nach Witterung, macht diese Zufütterung dann bis Mitte Oktober Sinn und ist, besonders für Jungigel, sehr hilfreich. Ab Mitte Oktober, oder bei einem vorzeitigen Kälteeinbruch, macht aber auch eine Zufütterung im Garten keinen Sinn mehr. Igelkinder haben nämlich einen sehr geringen Eigenfettanteil. Sie benötigen viel Energie um ihre Körpertemperatur bei ca. 36 Grad zu halten, da sie einen größeren Wärmeverlust als erwachsene Tiere haben. Trotz Zufütterns schaffen sie die notwendige Gewichtszunahme dann nicht mehr. Zudem können Jungigel bei zu niedrigen Temperaturen die Futteraufnahme komplett einstellen, bzw. verweigern und gehen in den Schlaf, ungeachtet dessen, ob ihr Gewicht ausreichend ist. Dieses Verhalten hat dann im Winter fatale Folgen für die Stacheltiere. 
Beim Zufüttern ist auf folgendes zu achten:
- Keine Milch, nur Wasser!!!
- Keine Speisereste, Gemüse oder Obst verfüttern,
- Nur gesunde Igel zufüttern. Kranke oder zu kleine Igel gehören in fachmännische Hände/ Pflege
- Hygiene ist oberstes Gebot! Die Futterschalen täglich mit heißem Wasser säubern
- Die Futterschale katzen- und vogelsicher aufstellen (wegen möglicher Krankheitsübertragung)
- Nur Igel- und Katzenfutter verwenden! Hundefutter ist wegen des zu geringen Proteingehaltes nicht empfehlenswert
- Hackfleisch und Ei immer ungewürzt, ungesalzen und durchgegart anbieten! Niemals roh !!!
- Keine zusätzlichen Vitamingaben ins Futter geben (nur auf tierärztliche Anweisung)

Tagaktive Igel sind immer ein Alarmzeichen und ein Grund sich das Tier einmal genauer anzuschauen! Ausnahmen sind durch Gartenarbeit etc. aufgescheuchte Igel, was evtl. vorkommen kann.
Folgende Igel brauchen Hilfe:
- Verletzte Igel, auch Tiere, die vermutlich tagelang in Gruben, Lichtschächten o.ä. ohne Wasser und Futter gefangen waren, brauchen Hilfe.
- Kranke Igel:
Man erkennt sie meist daran, dass sie tagsüber futtersuchend herumlaufen, -torkeln oder -liegen. Auf kranken Igeln (wie auch auf Säuglingen und Verletzten) sitzen an wärmeren Tagen häufig Schmeißfliegen, die ihre Eier dort ablegen. Kranke Igel sind apathisch, rollen sich kaum ein, sind oft mager (Einbuchtung hinter dem Kopf, herausstehende Hüftknochen). Ihre Augen stehen nicht halbkugelig hervor, sondern sind eingefallen, schlitzförmig.
- Verwaiste Igelsäuglinge:
Igeljunge, die sich tagsüber ausserhalb ihres Nestes befinden, noch geschlossene Augen und Ohren haben und sich womöglich kühl anfühlen, sind mutterlos und benötigen dringend Hilfe.
- Igel, die nach Wintereinbruch, d.h. bei Dauerfrost und/oder Schnee herumlaufen:
Auch solche Igel findet man hauptsächlich bei Tag. Es kann sich um kranke oder schwache Alttiere handeln. Häufig sind es auch Jungtiere, die spät geboren, evtl. auch krank sind und/oder sich wegen des zu geringen Nahrungsangebots im Spätherbst kein, für den Winterschlaf ausreichendes, Fettpolster anfressen konnten.
- Jungigel, die Anfang November mit einem Gewicht unter 600 Gramm draußen herumlaufen, brauchen menschliche Hilfe und sollten zur Überwinterung in Obhut genommen werden
Zu dieser vorgegebenen Gewichtsangabe sei folgendes angemerkt. Früher hieß es oft als Regel, Anfang Novemder ca 500 gr. Durch die klimatischen Veränderungen ist jedoch ein höheres Gewicht für den Winterschlaf erforderlich. Der Grund sind die zunehmend wechselhafteren Winter, mit z.T. großen Temperaturschwankungen. Die Igel fallen durch dieses Auf und Ab der Temperaturen entweder in einen extrem kräftezehrenden Dämmerschlaf, oder wachen sogar immer wieder auf (gelegentliches Aufwachen ist durchaus normal. Wird dann durch die zunehmende Häufigkeit gefährlich), was kostbare Energie verbraucht.  Diese Energie fehlt dem Tier dann zum Ende des Winterschlafes. So verringern sich permanent die Fettreserven über Wochen, ohne dass das Tier die Möglichkeit hat diesen Verlust wieder aufzustocken. Dies kostet viele Tieren das Leben,oder läßt sie im Winter hungrig herumirren.

 

Erste Hilfe- Maßnahmen:
- Unbedingt wärmen!!! Unterkühlte Tiere leicht wärmen (lauwarme Wärmflasche, evtl. mit Handtuch umwickeln,Sofortmaßnahme möglich durch einen mit lauwarmen Wasser gefüllten Gummihandschuh, kein Rotlicht oder Heizkissen verwenden,)
- auf keinen Fall!!! im unterkühltem Zustand Flüssigkeit oder Futter geben
- unbedingt Fundort notieren
- bei einem hilfebedürftigen Igelkind bitte nach weiteren Geschwistern suchen
- Igel auf Verletzungen untersuchen
- wenn möglich vorhandene Flöhe, Zecken und andere Parasiten entfernen 
- Fliegeneier oder Maden unbedingt sofort entfernen! Sie fressen sich sonst in den Körper und richten fürchterlichen Schaden an.Bitte auch aus Körperöffnungen durch Warmwasserspülungen entfernen 
- kein Flohpulver oder Spot on Präparate benutzen, 
- Zecken nicht mit Öl oder Nagellack beträufeln - die Zitzen an der Bauchseite nicht mit Zecken verwechseln, Igel nicht baden
- das Tier am besten in einen Karton oder Kiste legen. Zeitungspapier oder Küchenrolle als Untergrund nehmen und einen kleinen Karton als Schlafhaus anbieten.(Bitte kein Laub, Heu oder Stroh verwenden) Bitte beachten: Igel sind Kletterkünstler! (auch an glatten Kunststoffwänden)

 
- die Raumtemperatur sollte bei kranken oder untergewichtigen Igeln ca. 18 -20 Grad betragen. Das ist unbedingt notwendig, damit die Tiere weiter fresswillig bleiben.
- warmes Wasser mit Fencheltee anbieten. Eventuell mit einer Pipette ins Mäulchen träufeln, 
- da Jungigel ab einer Temperatur unter 13 Grad die Futteraufnahme einstellen müssen sie warm und dann ggf. zwangsweise gefüttert werden
- KEINE Kuhmilch nehmen 
- Igelbabys brauchen spezielle Ersatzmilch (zB. Esbilac)
- keine Schnecken oder Regenwürmer füttern. Sie übertragen Innenparasiten und belasten den schon geschwächten Organismus zusätzlich
- als Futter Katzen- oder Igelfeuchtfutter, vermischt mit Haferflocken, gekochtes Ei oder mit wenig Öl gebratenes Rührei oder gegartes Hack anbieten. Auch Hähnchen- oder Rindfleisch anbieten (alles gegart, ungewürzt u. ungesalzen)
- kranke Igel ab 350 gr können in Obhut tagsüber schlafen und werden nur abends gefüttert, kleinere Igel brauchen mehrmals auch am Tag Milch/Futter
- bis zur Übergabe an einen Igelfachmann das Tier in einem Käfig mit einem Schlafhaus (Karton) in einen ruhigen und warmen Raum stellen
- bitte unbedingt Ruhe gewähren - KEIN Herumumzeigen, die Kinder immerzu schauen oder Haustiere in die Nähe lassen
- bitte umgehend einen Fachmann konsultieren. Bei schwerverletzten Igeln bitte gleich zum Tierarzt fahren. Sollte dieser keine Erfahrung mit Igeln haben, bzw generell vor Verabreichung von Medikamenten am besten einen Igelfachmann/Wildtierstation fragen. Viele Medikamente vertragen Igel nicht. Falsche Injektionsstellen bedeuten den Tod, ebenso wie ein falsch dosiertes Medikament. Viele Tierärzte wissen das nicht. Die Wildtiermedikation  kein (oder sehr geringer) Bestandteil des Studiums. Das erklärt die vorkommende Unkenntnis.

Hat man einen Igel zur Überwinterung aufgenommen, so ist es wichtig auf die Raumtemperatur zu achten. Viele Tiere müssen zu warm überwintern. Eine optimale Umgebungstemperatur sind ca 5 Grad. Diese sollte möglichst konstant gehalten werden. Die Überwinterungskiste sollte zudem ruhig, zug- und frostfrei stehen.

Aufpäppeln und Helfen sind nur dann hilfreich, wenn auch die spätere Auswilderung durchdacht und vorbereitet ist. 
Igel, die in menschlicher Obhut überwinterten, haben nach der Auswilderung im Frühjahr, entgegen früherer Ansichten, keine Anpassungsschwierigkeiten, wenn sie wieder in die Natur entlassen werden. 
Vorausgesetzt die Auswilderung lief kontrolliert ab und das Tier wurde auf ein Leben in der Natur vorbereitet. Dazu gehört auch das Umgewöhnen an das richtige Futter. Insektenfütterung ist da wichtig! Jungigeln fällt es draußen sonst schwer, zappelndes Krabbeltier als Nahrung zu erkennen. Heimchen, Drohnen, Wachsmotten, lebende Zoophobas und Mehlwürmer, später auch Rotwürmer, sollten zusätzlich gefüttert werden. Sobald die Igel dann im Garten sind, schnappen sie sich das Getier was dort herumfleucht.
Kontrolliert bedeutet dann auch ein Aufenthalt, von mindestens 14 Tagen, in einem Auswilderungsgehege, mit Zufütterung. Auch nach dem Öffnen des Geheges sollte immer noch Futter und Wasser zur Verfügung stehen. Mit dieser Methode haben auch Igelkinder, die von Hand großgezogen wurden, die besten Chancen sich an die Freiheit zu gewöhnen.

Sollte nun jemand das Argument anführen: "Früher haben es die Igel doch auch ohne Hilfe geschafft" , sei dazu Folgendes angemerkt:
- früher gab es wesentlich mehr Insekten
- früher gab es weinger intensiverLandwirtschaft und Monokultur, Flurbereinigung, Flächenversiegelung. All das, was den Tieren die Nahrungsgrundlage nimmt.
- früher wurden nicht so viele Pestizide und Schädlingsbekämpfungsmittel eingesetzt
- früher kamen keine elektrischen Gartengeräte zum Einsatz, welche den Igeln Gliedmaßen abtrennten und andere, schwerste Verletzungen verursachten
- früher gab es  keine 43 Mio PKW auf den Straßen 
- früher waren die Winter so kalt, dass die Igel durchschliefen
usw...................
"Früher" ist heute  kein Argument mehr !

 

 

Einen herzlichen Dank an die Wildtierhilfe Odenwald!

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